«Eleusis» für grosses Orchester
Dieses Stück besitzt die Form eines grossen, raumgreifenden Myzels, bei dem das ganze Orchester im Raum verteilt ist. Das Vorbild für diese Aufstellung sind die Baummyzele beispielsweise der Hallimaschen, bei denen sich das Pilznetzwerk über eine Fläche von bis zu 9 km2 erstrecken kann (vgl. Wikipedia «Myzel»). Neuere Forschungen vermuten, dass Bäume mittels dieser Pilznetzwerke über weite Distanzen kommunizieren können, und so kommunizieren auch die Orchestermusiker:innen über ein Klangnetz durch den ganzen Raum, teils vom Dirigenten koordiniert, teils in unabhängig agierenden Gruppen.
Eine weitere wichtige Anregung für das Stück kommt vom amerikanischen Mykologen Paul Stamets, der nachhaltig auf die psychisch ausgleichende und glücksfördernde Wirkung halluzinogener Pilzsubstanzen wie Psilocybin hingewiesen hat und der eine geradezu kultische Anhängerschaft geniesst, die in den Pilzen eine Art göttliches Mittel zur Verbindung mit allem Seienden erkennt.
Damit öffnet sich der Blick weit in die Vergangenheit, zu den altgriechischen Mysterien von Eleusis, bei denen, wie archäobiologische Untersuchungen gezeigt haben, auch Psilocybin zum Einsatz kam. (Brian C. Muraresku: «The Immortality Key») Alle Berichte über diese Erfahrung sprechen von einer tiefen Harmonie, einer Auflösung des Ich-Gefühls und einer weltumspannenden Verbundenheit mit der ganzen Schöpfung.
Das Stück ist also auch als eine Art rituelle Handlung zu verstehen, bei der wir durch die Einnahme hochdosierter musikalischer Ereignisse in Trance verfallen, um so, ganz ohne Einsatz von Drogen, zu diesem selben Glücksgefühl zu gelangen, wovon Paul Stamets und die Mysterien von Eleusis berichten.
– Stefan Wirth